Gesundheitswesen 2012; 74(5): 306-314
DOI: 10.1055/s-0031-1275714
Originalarbeit

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Einfluss des subjektiven Sozialstatus auf gesundheitliche Risiken und Gesundheitszustand – Ergebnisse der KORA-F4-Studie

Relevance of ‘Subjective Social Status’ for Health Risks and Health Status – Results from the KORA-F4-StudyR. Hegar1 , A. Döring2 , A. Mielck1
  • 1Institut für Gesundheitsökonomie und Management im Gesundheitswesen, Helmholtz Zentrum München, Deutsches Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit, Neuherberg
  • 2Institut für Epidemiologie, Helmholtz Zentrum München, Deutsches Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit, Neuherberg
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Publication Date:
11 May 2011 (online)

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Zusammenfassung

Ziel der Studie: In der Public Health Forschung wird der soziale Status üblicherweise durch relativ objektive Merkmale wie Schulbildung und Einkommen erfasst. Erst seit wenigen Jahren wird in manchen Untersuchungen auch der ,subjektive soziale Status (SubjSES)‘ erhoben. Die vorliegende Studie hat zum Ziel, erstmals für Deutschland den Einfluss des subjektiven sozialen Status auf gesundheitliche Belastungen zu analysieren. Dabei soll auch die Frage beantwortet werden, ob der SubjSES einen Einfluss über die objektiven Status-Merkmale hinaus aufweist.

Methodik: An der KORA F4 Studie, die in den Jahren 2006–2008 in der Region Augsburg in Süddeutschland durchgeführt wurde, nahmen 3 080 Männer und Frauen im Alter von 32–81 Jahren teil. Die Variable ,SubjSES‘ wurde über eine einzige Frage mit 6 Antwortvorgaben erhoben. Für die Analyse wurden sie in 3 Statusgruppen zusammengefasst: niedrig, mittel und hoch. Die folgenden abhängigen Variablen werden einbezogen: selbsteingeschätzter Gesundheitszustand (self-rated health; SRH), Hypertonie (unkontrolliert), Diabetes mellitus, metabolisches Syndrom, Heuschnupfen, Nicht-Teilnahme an Krebsvorsorgeuntersuchungen, Übergewicht (gemessen durch Body Mass Index und Waist-Hip-Ratio), Rauchen, körperliche Inaktivität. Der Einfluss von SubjSES wird mittels logistischer Regression berechnet (u. a. adjustiert für Schulbildung und Einkommen).

Ergebnisse: Ungefähr 25% der Befragten ordnen sich selbst der unteren Statusgruppe zu. Ohne Adjustierung für Schulbildung und Einkommen zeigen sich bei SubjSES negative Zusammenhänge mit SRH, Hypertonie, Diabetes, metabolisches Syndrom, Übergewicht, Nicht-Teilnahme an Krebsvorsorgeuntersuchungen, Rauchen und körperlicher Inaktivität; der Zusammenhang mit Heuschnupfen ist wie erwartet positiv. Nach Adjustierung für Schulbildung und Einkommen bleiben viele, aber nicht alle dieser Zusammenhänge signifikant. Die adjustierten odds ratios (OR) von SubjSES unterscheiden sich teilweise erheblich zwischen Männern und Frauen, zum Beispiel bei der Variablen ,körperliche Inaktivität‘: Wenn die untere mit der oberen SubjSES-Gruppe verglichen wird, ergibt sich bei Männern und Frauen, zum Beispiel bei der Variablen ’rperliche Inaktivit‘: Wenn die untere mit der oberen SubjSES-Gruppe verglichen wird, ergibt sich bei Männern ein OR von 2,35 (95%-Konfidenzintervall (KI) 1,57–3,50) und bei Frauen ein OR von 3,58 (95%-KI 2,34–5,47).

Schlussfolgerung: Die Variable SubjSES ist offenbar ein eigenständiger (und in der Public Health Forschung bisher weitgehend vernachlässigter) Indikator für den sozialen Status. Sie sollte daher zusätzlich zu Indikatoren wie Bildung oder Einkommen eingesetzt werden. Die Zusammenhänge mit dem subjektiven Sozialstatus hängen auch davon ab, welches Merkmal für Gesundheitsrisiko oder -zustand betrachtet wird; zudem bestehen zum Teil große Unterschiede zwischen Männern und Frauen. Auch aus diesen Gründen bedarf es weiterer Untersuchungen, um die Ursachen des Zusammenhangs zwischen SubjSES und Gesundheit besser verstehen zu können.

Abstract

Objectives: In public health research, social status is usually assessed by objective indicators such as educational level and income. Recent studies have shown the importance of including ‘subjective social status (SSS)’. The aim of this study is to analyse the influence of SSS on health for the first time in Germany, and to find out if there is an effect over and above the objective indicators of social status.

Methods: The KORA F4 study took place in 2006–2008 in the region of Augsburg, Southern Germany, with a study population of 3 080 men and women aged 32–81 years. SSS was assessed by a single question with 6 possible responses. For the analyses, 3 SSS categories were differentiated: low, middle and high. The following dependent variables were included: self-rated health (SRH), hypertension (uncontrolled), diabetes, metabolic syndrome, hay fever, no participation in medical cancer prevention, obesity (assessed by body mass index and waist-hip-ratio), smoking, physical inactivity. Logistic regression models were used to estimate the influence of SSS (e. g. adjusted for educational level and income).

Results: About 25% of the participants group themselves into the lowest SSS-category. Without adjustment for educational level and income, SSS is negatively associated with SRH, hypertension, diabetes, metabolic syndrome, obesity, no participation in medical cancer prevention, smoking and physical inactivity; as expected the association with hay fever is positive. After adjustment for educational level and income, not all of these associations remain significant. Some of the adjusted odds ratios (OR) for SSS differ considerably when stratified by gender, for example concerning the variable ‘physical inactivity’: The comparison of ‘SSS low’ vs. ‘SSS high’ shows for men OR 2.35 (95% confidence interval (CI) 1.57–3.50) and for women OR 3.58 (95% CI 2.34–5.47).

Conclusion: The results from this study strongly suggest that SSS is an important indicator of social status (to date largely disregarded in public health research). Thus, SSS should be applied in addition to other indicators of social status such as educational level and income. The associations with SSS depend on the health indicator studied. Also, sometimes there are large differences when stratified by gender. Further research is needed to fully understand the determinants of SSS and its impact on health.

Literatur

Korrespondenzadresse

Dr. phil., MPH, A. Mielck

Institut für Gesundheitsö

konomie und Management im

Gesundheitswesen

Helmholtz Zentrum München –

Deutsches Forschungszentrum

für Umwelt und Gesundheit

Postfach 1129

85758 Neuherberg

Email: mielck@helmholtz-muenchen.de

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